Das Bauen und Wohnen sollte am Gemeinwohl ausgerichtet sein

Der Aktivist und Mitgründer von Attac ÖsterreichChristian Felber, hat im Jahr 2010 eine Bewegung ins Leben gerufen, die sich für eine am Gemeinwohl ausgerichtete Wirtschaftswelt einsetzt. Der eigentliche Anstoß dazu war sein Buch Gemeinwohl-Ökonomie: Ein Wirtschaftsmodell mit Zukunft . Im Jahr 2018 war er zudem Gründungsmitglied der Bürgerbewegung Finanzwende. Ziel und Vision der Gemeinwohl-Ökonomie ist, dass Werte wie Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit und demo-kratische Mitbestimmung eine Verankerung in der Wirtschaft finden. Dazu wurde ein werteorient-iertes Messwerkzeug entwickelt, mit dem man die  „Gemeinwohl-Bilanz“ für Unternehmen, Privat-personen, Gemeinden und Institutionen bewerten kann sowie die Gemeinwohl-Matrix zur Organisationsentwicklung für Unternehmen und Vereine.

2.000 Unternehmen und 5.000 Personen haben sich der Bewegung mittlerweile angeschlossen und über 200 Regionalgruppen entstanden auf der ganzen Welt.  Und seit 2018 gibt es auch in Leipzig eine aktive Gruppe. Alle Werte und auch die Vision der Gemeinwohl-Ökonomie werden von allen Mitgliedern der Gruppe geteilt. Nur sind die Ansichten unterschiedlich wenn es um deren Um-setzung geht. Denn hier tun sich folgende Fragen auf. Wie können wir für die Verbreitung der Ge-meinwohl-Ökonomie in Leipzig sorgen? Wie wollen wir mit der Öffentlichkeit kommunizieren? Wel-che Prioritäten setzen wir? Welche Strategien haben gut funktioniert und welche haben sich bis-her nicht so bewährt? Macht es langfristig Sinn mit weiteren Organisationen in der Region zu kooperieren wie den Bauzirkel Leipzig– dem Verein für ökologisches Bauen?

Um sich diesen Fragen zu stellen, haben wir ein Strategietreffen veranstaltet, auch um über unser bisheriges Engagement zu reflektieren. Dabei wurde einiges in Frage gestellt und neu diskutiert. Denn wie es im Ehrenamt üblich ist, kommen glücklicherweise auch ständig neue Menschen dazu und bringen frische Impulse hinein. Diese Wechsel führen dazu, dass man beispielsweise als Regionalgruppe eine Zeitlang intensiv Bildungsarbeit leistet oder sich öfters mit Politikern unter-hält. Denn viele Projekte sind personenabhängig. Das ist auch wichtig, denn jede*r soll sich so einbringen wie er/sie es möchte. Dabei darf man nicht die gemeinsame Strategie aus den Augen verlieren. Und so herrschte bei dem Strategietreffen in vielen Punkten Einigkeit, aber zum Teil auch Meinungsunterschiede. Die größte Frage die sich uns stellte war Folgende! Können wir eine breite Umsetzung der Gemeinwohl-Ökonomie in der Region besser hinbekommen indem wir unsere Kräfte mit weiteren Organisationen bündeln?  Stärkt man dadurch erst die für das Gemeinwohl gemeinsame Interessen auch von anderen Initia-tiven wie den Verein Haus & WagenRat e.V. und dem Netzwerk Leipziger Freiheit?

Insbesondere Leipzig ist eine stark wachsende Metropolregion mit zunehmender Verstädterung im Umland weshalb die Baubranche einen großen Teil der regionalen Wirtschaftsleistung ausmacht. Vielleicht sollte deshalb auch hier die Gemeinwohlökonomie ansetzten. Denn das Gemeinwohl spielt bislang im Bau- und Wohnungswesen keine große Rolle wie es die Ausstellung FAKTOR WOHNEN im Frühjahr 2022 aufzeigte. Dabei sollte gerade das Bauen und Wohnen am Gemeinwohl ausgerichtet sein. Vielleicht kann hierfür die Gemeinwohlökonomie-Regionalgruppe Leipzig in Zukunft eine wich-tige Schlüsselrolle einnehmen, um auf das allgemeine Baugeschehen in dieser Stadt einen positiven Einfluss zu nehmen. Auch in Verbindung mit kooperativen Wohnprojekten und Produzenten öko-logischer Baustoffe. Die Entwicklung könnte soweit gehen dass Gemeinwohlbilanzen Pflicht werden für Bauprojekte und geplante Quartiere. Gemeinwohlbilanzen dürften sich auf das Wettbewerbs- und Ausschreibungsverfahren auswirken hinsichtlich einer sozialökologischen Baukultur, die sich an der Vision des Urban Village Projects anlehnt.