Nachwachsende Rohstoffe brauchen eine starke Lobby

In Zeiten von Rohstoffknappheiten, ökologischen Krisen und Engpässen innerhalb globaler Liefer-ketten braucht die verarbeitende Industrie eine alternative Rohstoffstrategie. Der erste und wich-tigste Schritt dahin wäre der Aufbau einer starken Lobby für nachwachsende und regional erzeugte Rohstoffe, um auf lange Sicht möglichst unabhängig zu werden von mineralischen und erdölbasier-ten Grundstoffen. Insbesondere im Bauwesen werden unnötig viel Ressourcen und Energie ver-schwendet, wobei diese fossilen Rohstoffe meist noch weite Transportwege hinter sich haben. Das betrifft natürlich auch den Rest der verarbeitenden Industrie, die daran arbeiten sollte ihre Produkt-ionslinien soweit wie möglich auf ökologische Rohstoffe umzustellen. Werner Schönthaler hat in der Praxis den Beweis erstellt dass das funktionieren kann. Er hat die Produktion seines vererbten Fach-betriebs von konventionellen Betonbausteinen zum Teil auf Hanfbeton umgestellt. Bereits 1996 gründeten mehrere Händler einen Verband für ökologische Baustoffe, Textilien, Wandfarben und Lacke namens ÖkoPlus. Deren Ziel war es den Markt für ökologische Rohstoffe zu vergrößern, da damals in den 90er Jahren dieses Thema noch in der ökologischen Nische steckte.

So richtig erleben traditionelle Baustoffe wie Strohballen, Hanf und Holz erst seit jüngster Zeit eine echte Renaissance. Mittlerweile ist diese Einsicht sogar in der Bundesregierung angekommen. Das Bundesbauministerium hat im April 2022 das Bündnis bezahlbarer Wohnraum ins Leben gerufenen, deren Initiatoren sich bereits Rat einholten von Ulrich Steinmeyer, der seit 2015 Vorstand der ÖkoPlus AG ist. Der Bauzirkel Leipzig, ein regionales Bündnis zur Förderung einer ökologischen Kreislaufwirt-schaft, präsentierte im Rahmen der Leipziger Ökofete 2022 erstmals eine ganze Sammlung von öko-logischen Bau- und Dämmstoffen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe, die aus regional erzeug-ten Flachs, Kork, Bambus, Hanf und Holzweichfaser produziert wurden. Diese lassen sich vielfältig in der Gebäudesanierung und auch beim Neubau einsetzen. Dazu zählen auch Klebstoffe, Wandfarben und Textilien. Der Bauzirkel möchte in der Region Leipzig Halle langfristig ein Netzwerk von Erzeu-gern, Produzenten und Händlern aufbauen um die lokal verfügbaren Ressourcen und Potenziale mithilfe von Bildungs- und Vernetzungsangeboten zu bündeln und sichtbar zu machen.

Das Ziel ist die Förderung einer regionalen Kreislaufwirtschaft, die auf nachwachsende Rohstoffe ba-siert und in der sich weitgehendst alle Grundbedürfnisse wie Wohnen, Ernährung und Energiepro-duktion unabhängig von globalen Lieferketten abdecken lassen. Um nachwachsende Rohstoffe in die Breite bringen zu können braucht es starke Bündnisse dieser Art in jeder Region. Der Bauzirkel könn-te sich auf lange Sicht zu einer wichtigen Kraft etablieren, damit sich in Leipzig incl. Umland eine ökologische Kreislaufwirtschaft entwickelt in der nachwachsende Rohstoffe eine grundlegende Rolle spielen. Auch in anderen Regionen bilden sich derartige Bündnisse. Bereits 2010 haben sich im Müns-terland Produzenten und Händler aus dem Bereich ökologisches Bauen zum Verein Ökobau Münster-land e.V. zusammen geschlossen. Anfang 2022 hat sich die Genossenschaft Hanffaser Geiseltal eG gegründet, die im Saalekreis eine regionale Wertschöpfungskette für Bau- und Dämmstoffe aus Hanffasern aufbauen und eng mit der Hanffaser Uckermark eG kooperieren möchten. Sobald sich diese regionalen Bündnisse überregional verbinden könnte sich daraus eine bundesweite Lobby für ökologische Rohstoffe formieren, die Einfluss auf die Industrie und das allgemeine Baugeschehen in diesem Land erlangt. Vielleicht in enger Kooperation mit der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, die 1993 ins Leben gerufen wurde um Forschungs,- und Demonstrationsprojekte zum Thema nachwachsender Rohstoffe zu fördern.